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Eucharistiefeier mit der Brotdose

„Seit Mitte März müssen wir uns nun schon einschränken. Es wird Zeit, dass alles wieder normal wird! Ich glaube nicht, dass wir die Regelungen so eng sehen müssen.“

So sehr ich die Enttäuschung und die Unzufriedenheit vieler Menschen verstehe, mir ist nicht wohl dabei, wenn Schutzmaßnahmen wie die Abstandsregelung und die Maskenpflicht aufgegeben werden sollen. So unangenehm mir selbst diese Auflagen sind, ich halte sie für notwendig. Denn die Gefahr der Infektion mit dem Virus besteht, solange wir nicht geimpft sind oder unser Körper durch eine überstandene Infektion Antikörper gebildet hat. Und das ist noch nicht der Fall.

Für den Bereich der Gottesdienste in unseren Gemeinden bedeutet das:

  1. Wir feiern Gottesdienste in reduzierter Anzahl, ab dem 07.06.2020 eine Hl. Messe am Sonntag.
  2. In den drei großen Kirchen finden die Gottesdienste mit begrenzter Personenzahl und Mund-/Nasenschutzmaske statt.
  3. In Ansbach und Roden finden nur „Schönwettergottesdienste“ statt, d.h. die Gottesdienste können nur im Freien und damit nur bei schönem Wetter stattfinden.
  4. Um die beiden gefährlichen Moment der Eucharistiefeier zu umgehen (Gang zur Kommunionausteilung und Überreichung der Hostie), bringt jede Person/ein Ehepaar/eine Familie oder Wohngemeinschaft eine Brotdose mit der entsprechenden Anzahl von Brotstücken mit. Bei der Wandlung halten Sie die Brotdose in Ihren Händen. Beim Kommunionempfang nehmen Sie Ihr eigenes Brotstück und kommunizieren an Ihrem Platz.

Was sich auf den ersten Blick wie ein gewagtes Experiment ansehen mag, ist eine ganz gewöhnliche Praxis in der Kirchengeschichte. Je nach Umständen wurden die beiden Zeichen der Eucharistiefeier Brot und Wein den Erfordernissen angepasst.

Jesus teilte mit seinen Jüngern einen Brotfladen. Das war auch die Praxis der frühen Kirche, verbunden mit einem Sättigungsmahl. Erst um das Jahr 150 beschreibt Justin von Antiochien ein rein eucharistisches Mahl mit Brot, Wein und Wasser. Früher brachten die Gläubigen Brot und Wein von Zuhause mit als Zeichen, dass sie sich selbst in das eucharistische Geschehen der Hingabe Jesu einbringen. Im 9.-11. Jahrhundert entstand in der westlichen/römischen Kirche der Brauch, dass das Brot aus Weizenmehl und ohne Sauerteig gebacken war. In der östlichen/orthodoxen Kirche wird gesäuertes Brot verwendet. Der Liturgiewissenschaftler Adolf Adam schreibt: „Die in Jahrhunderten gewachsene Sitte, die kreisrunden Brotscheibchen immer dünner und weißer zu backen…, führte leider zu einem erheblichen Verlust der Zeichenkraft dieser Hostien, da man sie kaum noch als Brot erkennen kann.“ (Adolf Adam, Die Eucharistiefeier, Herder-Verlag 1991).

Wenn wir nun in der nächsten Zeit (ab dem 07.06.2020) die Eucharistie mit Brot aus der Brotdose feiern, ist das aus der Notsituation wegen der Corona-Pandemie entstanden, hat aber die Chance, dass uns der Ursprung der Eucharistiefeier wieder deutlicher bewusst werden kann: Jesus nimmt Brot, ein Zeichen des alltäglichen Lebens, und deutet es neu als Zeichen für die Hingabe seines Lebens: „Nehmt und esst, das ist mein Leib.“

Urspringen, Pfingstfest 2020
Pfarrer Stefan Redelberger

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